Das „Weberhaus“ Zur Spinnerin 2

Zur Spinnerin 2, 1100 Wien

Dieses Haus wurde 1890 erbaut. Hier wohnten oft kinderreiche Familien, die im Betrieb des Großfuhrmanns Karl Weber arbeiteten.

Nach einigen Besitzerwechsel wurde es 1995 zum Spekulationsobjekt. Durch Vermittlung des damaligen Wohnbaustadtrates übernahm das Österreichische Siedlungswerk das Haus. Es wurde „sockelsaniert“ und konnte 1998 den Mietern/Mieterinnen übergeben werden.

Zur Spinnerin 2 wurde damit zu einem erfreulichen Modell im Sinne der „SANFTEN STADTERNEUERUNG“. Es zeigt die Chancen einer Zusammenarbeit zwischen Stadt, Bauträger und solidarischer Hausgemeinschaft.

Chronik

Baujahr Bauherr Karl Weber
1890

Einige Eigentümer
bis 1995

Österreichisches Siedlungswerk
Gemeinnützige Wohnungsaktiengesellschaft
ab 1995

Hintergründe

ÖSW Österreichisches Siedlungswerk

„Fundament“ 2/2002

Das ÖSW rettete nicht nur ein Haus, sondern auch die Gemeinschaft. Ein Mieter berichtet…

Haus und Gemeinschaft gerettet

Wann das Haus Zur Spinnerin 2 im 10.Wiener Gemeindebezirk gebaut worden ist, konnte ich noch nicht genau feststellen – vermutlich um 1880. Die Zimmer-Kuchl-Kabinett-Wohnungen mit Bassena und Klo am Gang waren für damalige Verhältnisse ein Fortschritt. Der Fuhrwerksunternehmer Carl Weber hat die Weberhäuser im Bereich Triesterstraße – Quellenstraße – Buchengasse neben seinem Betriebs-Gutshof (wo heute Autos der Marken Nissan, Jaguar u.a. verkauft werden) für seine Kutscher und deren kinderreichen Familien bauen lassen.

Seit meine Familie und ich 1980 hier eingezogen sin, wechselte das Haus mehrmals die Eigentümer. Es drohte das Schicksal vieler ähnlicher alter Zinshäuser, die nur mit hohem finanziellen Aufwand saniert werden könnten: Spekulationsobjekt, Mieter hinausdrängen und Abbruch. Für ältere Menschen und Zuwandererfamilien, wie sie auch bei uns wohnen, in ähnlichen Fällen leider ein häufiges Schicksal. Aber nicht bei uns!

Hilfe durch ÖSW

Mit Hilfe vieler Hausversammlungen und einiger Hauszeitungen konnten enorme Widerstandskräfte mobilisiert werden. Beinahe hätten wir das Haus selber gekauft! Zu unserem Glück war das aber schließlich doch nicht nötig. Denn das Österreichische Siedlungswerk erwarb 1995 durch Vermittlung des Büros von Stadtrat Faymann unser Haus. Durch die 1994 mit Hilfe der Gebietsbetreuung (Frau DI Bernhard sei Dank!) eingereichte Sockelsanierung wurde unsere Hüttn endlich vom Keller bis zum Dach rundumerneuert. Unsere Freude über die neuen Eigentümer und das wie neue Haus fand am 19.5.1998 in der Hauszeitung anlässlich der Übergabefeier ihren schriftlichen Niederschlag: „Nach 15 Jahren hartnäckigem Kampf gegen viele Hindernisse ist, dank unserer guten Hausgemeinschaft und dem Österreichischen Siedlungswerk, aus dem Schandfleck im Grätzl ein Schmuckkästechen geworden, auf das wir stolz sein können. Die Kontakte zum ÖSW als Eigentümer und zur Verwaltung entwickeln sich optimal.“

Resümee nach Jahren

In unserer Hausgemeinschaft ist wieder die relative Ruhe des Alltags eingekehrt. Wir genießen die baulichen Verbesserungen im Haus und in den Wohnungen. Wasser und WC sind nicht mehr am Gang – es gibt einen Aufzug. Die vom Schreiber erhofften gemeinsamen Aktivitäten finden leider (noch immer) nicht statt, trotz eines Gemeinschaftsraumes mit Tischtennistisch im Keller. Dem Gegenüber steht jedoch ein Erfolg, der vielen Menschen in ähnlichen Mietshäusern Wiens zu wünschen ist: Alte und Junge, Alteingesessene und Zuwanderer, haben sich nicht gegenseitig bekämpft, sondern – mit Unterstützung von außen – einen gemeinsamen Preis errungen: Ein schönes Haus, in dem wir gerne wohnen!                                                                                                                                                                            Fritz Endl